Kategorie-Archiv: Gabiistisches

Leuchtend prangten ringsum Apfelblüten…

2009-04-16 um 13-02-18

die Bilder der Ausstellung können im Unteralbum von Ausstellungen angesehen werden.           Bis 30. Mai ist die Ausstellung in der Weitlingstraße 89, Berlin Lichtenberg zu sehen, danach wird sie unter der Obhut der Naturfreunde Deutschlands ebenfalls in Berlin gezeigt werden.

„Leuchtend prangten ringsum Apfelblüten…“ diese lichten Zeilen halfen mir bei der „Zeitreise“, die ich unternahm, nachdem ich von der Möglichkeit erfuhr, mit meinen fotografischen Mitteln einen Beitrag zum 70. Jahrestag der Befreiung vom Hitlerfaschismus zu leisten.

Im Januar begann ein abenteuerlicher Abschnitt für mich in einer noch verschneiten Oderlandschaft in Küstrin -Kietz.
Ich hab seitdem vieles gelesen, betrachtet und vor allem Konrad Wolfs Film „Ich war 19“ stand mir mit  seiner humanistischen Aussage und eindringlichen Bildern zur Seite.
Nie hatte ich jede Facette des Tageslichts, jedes Wetter, jede Regung der Natur in dieser geschichtsträchtigen Region so intensiv erlebt; konzentriert auf die Frage: Wie sahen das die Menschen in jenen letzten Tagen des Krieges? Die zurückkehrenden Kraniche und Störche, die anschwellenden Knospen – haben sie es genau vor 70 Jahren wahrnehmen können?             Diese in der Natur erwachende neue Hoffnung, konnte das die Entschlossenheit der Rotarmisten stärken, dem faschistischen Wüten ein Ende zu setzen und die Sehnsucht nach Frieden bei allen?

Gleich zu Beginn bewegte mich ein Moment sehr, als polnische Mitarbeiter des Museums von Kostrzyn bei der Bergung von zwei nebeneinander ruhenden Soldaten, die in den Märztagen 1945 bei den Kämpfen in der Festung Küstrin ums Leben gekommen waren, anhand der entdeckten Kennungen feststellten: einer trug die deutsche Kennmarke, der andere hatte sich seine russische Medaille für Tapferkeit angeheftet. Dieser hatte einen weiten Weg hinter sich, um der Nazibarbarei bis an die Wurzel zu gehen und musste dafür sein Leben lassen. Der andere hat nicht erkannt, dass er sich opfert für die Herrschaft von Verbrechern an der Menschheit.

Von Januar bis April 2015 war ich in Gedanken ständig und oft wirklich auf dem Weg der Roten Armee von der Oder bis Berlin, besuchte einige der zahllosen sowjetischen kleinen und größeren Denkmäler und Gräber, auch die der deutschen Kriegstoten in Halbe – und las die Daten: geb. 1921, 1922 (wie meine Eltern), 1926 wie Konrad Wolf, unzählige gefallen in den Apriltagen 45, auch vom 24. 04., heute genau vor 70 Jahren las ich Todesdaten von Rotarmisten am sowjetischen Ehrenmal in Berlin-Tiergarten.                                                                                   Ich nahm die heutige Stimmung in den Orten an der Oder wahr, die meisten unserer Väter hatten bei Kriegsende fanatisiert gekämpft und in fast jeder Familie gibt es Opfer. Vielleicht haben Deutsche darum nicht begriffen, dass andere sie vom Faschismus befreien mussten, weil sie es nicht selbst geschafft hatten?
Dass sie ihren wahren Feind auch später während der DDR nicht erkannten, nicht dazu lernten, das kann ich nicht verstehen. Sie erhielten im östlichen Teil des Landes zum ersten mal die Chance, ein friedliches Deutschland aufzubauen, sie haben sich darin eingerichtet und es nicht verteidigt.
Und diese sind in der Mehrzahl, empfand ich.
Sie lernen in der Ausstellung drei Frauen kennen, die mir sehr wichtig sind. Die eine begleitete mich mehrere Jahre in meiner beruflichen Tätigkeit bei ADN, mit den beiden anderen verbindet mich, dass wir uns zusammen mit anderen 1999 am 24 04. in Belgrad mit den dortigen Einwohnern solidarisierten, – wir wollten unser Entsetzen darüber ausdrücken, dass sich Deutschland wieder an einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg beteiligt.
Ich bin stolz darauf, hier in Deutschland zu denen zu gehören, die Verantwortung übernehmen und wie in anderen Völkern die Hoffnung auf eine Welt ohne Kriege nicht aufgeben.
Der 8. Mai 1945 – ein Tag, an dem die Menschheit aufatmen konnte, von Angst vor den Gräueln des Krieges und der Schreckensherrschaft befreit – die Bedeutung dieses Tages hervorzuheben und wer für diese sich eröffnende friedliche Zukunft die größten Opfer brachte, das muss immer wieder, immer aufs neue bekräftigt werden.
Ringsum leuchten die Apfelblüten und ich wünsche mir eine Welt, wo sich alle daran erfreuen können.                                                                                                Gabriele Senft am 24. April 2015

neue Ausstellung

Seit Ende Januar 2015 stelle ich Fotos für eine Ausstellung zum 70. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus zusammen. Sie wird am 24. April in der Berliner Galerie der Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde eröffnet. Einige Fotos, die für mich dafür in Betracht kommen, stell ich hier in das Album „leuchtend prangten ringsum Apfelblüten“.                                           


Neujahrsgruß!

Allen meinen Freunden 2015 Gesundheit,
Lebensfreude und dieses auf den Weg:

1960 Mahnmal Frauenkirche

Anfang 1960 war ich dort an der Ruine der im Faschismus zerstörten Dresdener Frauenkirche, die mich als Mahnmal gegen Krieg stark beeindruckte. Ich war im 11. Lebensjahr.

Das ist eins meiner ersten Fotos (aufgenommen mit einer aus Dresden stammenden Penti I).

Oktober 2014 Ausstellung im Café Sibylle, Berlin

 

»Wo auch immer wir wohnen

unser Glück auf dem Frieden beruht.«

heißt es im Weltjugendlied.

Diese Ausstellung will ein Zeichen der Hoffnung setzen, dass ein friedliches Miteinander unter den Völkern möglich ist, weil wir im Alltag die gleichen Sorgen haben, uns über die gleichen Sachen freuen. Uns verbindet Musik, auch die Fotografie, die Solidarität, »… uns vereint gleicher Sinn, gleicher Mut.«

Die herrschende Rüstungsindustrie wird immer neue Begründungen ersinnen, uns belügen und neue Krisenherde schüren, um ihre ausgeklügelten Waffen einsetzen zu können. Kriege weltweit, treiben immer größere Flüchtlingsströme auch zu uns. Uns blutet das Herz, wie diese dann hier kriminalisiert werden, damit sie uns fremd bleiben. Wir müssen erkennen, dass uns das gleiche Schicksal treffen kann.

Wut und Trauer, Protest und Hilflosigkeit, Rachegedanken und Angst. Alles verständliche Reaktionen.

Jedoch Solidarität und Verständigung mit Gleichgesinnten muss das Wichtigste bleiben.

Wir dürfen den Traum von der Verwirklichung einer gerechten, friedlichen Welt nicht aufgeben und nicht nachlassen, unser Möglichstes dafür zu tun.

Das Weltjugendlied erklang das erste Mal 1947 bei den ersten Weltfestspielen in Prag. In vielen Sprachen gesungen, mitunter gleichzeitig in verschiedenen, drückte es immer die Hoffnung und den Willen aus, Krieg von der Erde zu verbannen.

Einer der bewegendsten Momente für mich, in denen dieses »Jugend aller Nationen« gesungen wurde, war im April 1999 mitten in Belgrad im Tašmajdanpark. In der Nacht zuvor hatte die NATO den staatlichen RTS-Sender mit Bomben zerstört
und 16 Mitarbeiter ermordet. Wir waren mit einem Friedenskonvoi dorthin gekommen und gemeinsam mit den Einwohnern der Stadt und griechischen Kriegsgegnern sangen wir dieses Lied und lagen uns in den Armen. Trotz alledem!

»Trotzdem bedeutet nur standzuhalten, das Weiterleben auf sich zu nehmen. Den nächsten Schritt zu tun. Und dieses ›nur‹ ist letztlich alles.

Weil es uns das Wissen von Leben und die Befähigung für das Leben zurückgibt.« Ein Text von Erika Pluhar 2005 und auch das Lied von ihr:

Trotzdem

Trotzdem kämpfen wir,

Trotzdem glauben wir,

Trotzdem lieben wir… Trotzdem!

Freude und Ermutigung durch das Betrachten der Fotografien wünscht

Gabriele Senft                                                          Berlin, 07. Oktober 2014

»Wherever we live

our happiness is based on peace.«

(from the German text of the »March of the Democratic Youth«)

This exhibition wants to light a beacon of hope that a peaceful togetherness of the peoples is possible, because we share the same daily sorrows, rejoice over the same things. Music connects us, photography also, and solidarity, »… uns vereint gleicher Sinn, gleicher Mut.« »… united by the same convictions, the same courage.«

The ruling armament industry will think up ever new reasons, will lie to us and stir up trouble spots to put their sophisticated weapons to use. Wars around the world drive more and bigger streams of refugees also to us. Our hearts bleed as they are then criminalized here so that they remain alien to us. We have to realize that we can meet the same fate.

Anger and grief, protest and helplessness, thoughts of revenge and fear – all are understandable reactions.

However, solidarity and understanding with like-minded people must remain the most important thing.

We must not give up the dream of the realization of a just, peaceful world and not let up doing our utmost for it.

The »March of the Democratic Youth« (Weltjugendlied) rang out for the first time in 1947 at the first World Festival in Prague. Sung in many languages, sometimes simultaneously in several of them, it always expressed the hope and the will to banish war from the earth.

For me one of the most moving moments when this »youth of all nations« was sung was
in April 1999 in the heart of Belgrade in Tašmajdanpark. The night before NATO had destroyed the RTS public service broadcaster with bombs and murdered 16 people. We had come there with a peace convoy and together with the inhabitants of the city and Greek war opponents we sang this song and lay in each others arms. Despite all this! (Trotz alledem!)

»›Despite all this‹ only means to withstand, to undertake the living-on. To take the next step. And this onlyultimately is everything.
Because it restores the knowledge of life and the ability for life.«

A text by Erika Pluhar 2005 and also her song:

Despite all this

Despite all this we fight,
Despite all this we believe,

Despite all this we love… Despite all this!

Berlin, 07. Oktober 2014

 

 

Rekonstruktion meiner frei gesprochenen Worte zur Eröffnung der Fotoausstellung „wo auch immer wir wohnen“ – und was ich noch gern gesagt hätte am 07.10.2014 im Café Sibylle:

„Es ist kein Zufall, sie heute, am 7. Oktober zu eröffnen, wo bis vor 25 Jahren der Tag der Republik gefeiert wurde; ich wollte heute etwas tun und mit Freunden zusammen sein, die wie ich diesen Text des Weltjugendliedes wachhalten – ‚wo auch immer wir wohnen, unser Glück auf dem Frieden beruht‘. Heute müssen wir wieder daran erinnern, denn es scheint nicht mehr selbstverständlich zu sein. Und es können darum einige meiner Freunde nicht hier sein, weil auch sie an diesem heutigen Tag aktiv sein wollen und es deshalb allein in Berlin mehrere Veranstaltungen gibt. Diese Ausstellung hat mehr als sonst mit mir selbst zu tun und angesichts der aktuellen Lage auch ein paar Worte: Ich hab nicht in einem luftleeren Raum in der DDR gelebt und ich steh dazu, und habe nicht vergessen und nicht verdrängt, wie ich dort gelebt habe. In der „jW“ ist der Beitrag aus einer Luxemburger Zeitung abgedruckt und in ihm fand ich mich wieder, er spricht mehr Wahrheiten aus als alles, was ich zurzeit sonst in den Medien lese oder sehe, Entschuldigungen, dass es die DDR gab, Erklärungen, Verurteilungen oder Trotz. Aber ich bin dort aufgewachsen mit meinen Geschwistern, die heute hier sind wie auch meine beiden Söhne. Meine Eltern fingen ihren Beruf als Neulehrer an und sie haben dafür gesorgt, dass keinerlei Nazigedankengut mehr in der Schule geduldet wurde. Sie arbeiteten und diskutierten und waren rund um die Uhr im Einsatz für ihre Schüler und für diesen neuen sozialistischen Staat, so dass mein Bruder von uns, den beiden Schwestern, mal kategorisch verlangte, wir sollte ja nicht auch diesen so aufreibenden Lehrerberuf wählen – meine Schwester wagte es trotzdem, mein Bruder studierte Landwirtschaft und ich hielt das alles mit der Kamera fest.

Die Zusammenstellung der Fotos in dieser Präsentation hat mit meiner jetzigen Befindlichkeit zu tun. Ich fotografierte seit der Wende bei zahlreichen Protestdemonstrationen, ich war seit 1999 viel in Serbien, um die Situation nach dem NATO Angriffskrieg zu erfassen und die Entwicklungen seitdem zu begleiten, ich war 2003 im Irak mit einer Friedensdelegation…und begleitete einige Zeit sehr aktiv die Flüchtlingsbewegung.

Seit einigen Monaten war ich in Gefahr, Ausgeglichenheit und meine Lebensfreude zu verlieren ob dieser ganzen Nachrichten von Kriegen, in die wir gezogen werden, Nachrichten von immer mehr Instabilität weltweit…Terror, Krankheiten, Umweltkatastrophen… darum diese „Trotz alledem Ausstellung“. Ich hab mich hier auf Fotos in Europa konzentriert, auf friedliche Begegnungen in verschiedenen Ländern, die ich privat bereiste, ohne dass ich das Ziel hatte, diese erfassten Momente zu veröffentlichen. Alltag, Menschlichkeit an den verschiedenen Orten möchte ich aufzeigen. Denn überall ist sie in den Menschen, die Sehnsucht nach einem erfüllten friedlichen Alltag, die Freude an den Kindern, bei Feiern, … einfach die Schönheit der Welt erfassen zu können und die Menschlichkeit, aus der wir Kraft schöpfen, die Ermutigung durch freundliches solidarisches Miteinander und helfend etwas für sich selbst zu tun.

Ein ganz aktuelles kleines Beispiel nur von heute. Für den Eingangstext der Ausstellung suchte ich in Köpenick einen copyshop, ich hatte eine Datei auf USB Stick zum Vergrößern auf A3. Es war schwierig, denn der im Internet angegebene nahe der Bahnhofstraße existiert nicht mehr, im Forum hätten sie mir nur eine Kopie von einem kleineren Abzug machen können, naja… Auf der Suche geriet ich in einen winzigen Laden eines Computerfreaks, der unwirsch von seiner Bastelei aufblickte und meine Frage, ob er mir vielleicht so einen Abzug A3 machen könnte, zunächst sofort verneinte. Ich fragte vorsichtig, ob er vielleicht einen copyshop wüsste, er grummelte noch ein bisschen, dann meinte er, „Na geben Sie schon her.“ Und dann gab er sich große Mühe, machte mir statt einem gleich drei Abzüge und wollte kein Geld dafür. Hab ihm gern dennoch was gegeben und er versuchte vergebens, seine Freude zu verstecken.

Für diese Ausstellung versuchte ich in meinen Negativen nach Alltäglichem und weiß nun, dass es sich lohnt, da sogar verblasste wieder ans Licht zu holen und mit einem besseren Scanner neue Möglichkeiten der Bearbeitung auszuprobieren und das kreative Chaos unter den heraus gewühlten Negativtaschen auf sich zu nehmen. Ich kann hier nur einen Teil dieser geborgenen Schätze zeigen.

034b. 1999_04_24 Friedenskonvoi in Belgrad - 2009-06-07 um 13-00-55

Belgrad, am 24.04. 1999

Fotos © Gabriele Senft

Bekenntnis

Bekenntnis 1

Alles, was mir geschehen,
Hab ich mir angetan.
Ich glaube nicht an das Schicksal.20100819 Wiesenburg (13)

Wir fertigen selber an,
Was zu uns kommt und fernbleibt.

Nur sind wir meist zu träg,
Die Warnzeichen zu sehen,
Die wiesen uns den Weg.
Wären wir bei Verstande
Und nicht nur bei Gefühl…
(Wir balancieren am Rande
Des Taumels im Tagesgewühl.)

Ja, auch zu meinen Sünden
Bekenne ich mich heut.
Ich will mich neu begründen
und mache mich bereit.

Eva Strittmatter

 

07. Belziger Buchen S. 7

Frage

07. Belziger Buchen S. 7Dann und wann                                          1989 hirsch 1
sterben die grünen Bäume in uns ab.
Wir pflanzen neue.
Immer wieder.
Immer wieder
hoffen wir, dass
der Frost ihn verschonen möge,
diesen neu erschaffenen Garten.
Wir wissen jetzt, was
die Gedichte
in uns töten kann.
Und
was erhält sie am Leben?

Juha Vikkunen (Finnland)

Ein Dankeschön

Es gab seit 5 Jahren schon eine website unter demselben Namen. Corinna Renz und Hans Jürgen (Jäcki) Schwartz haben mir das ermöglicht. Ich möchte ihnen dafür hier von Herzen danken, dass sie sich verabredeten, in die umfangreiche Arbeit stürzten und mir diesen Wunsch erfüllten. Bausteine dieser ersten sind hier eingeflossen, andere werden noch einen Platz finden.

 

Januar 2010 besuchten wir Freunde in Pinar del Rio. v.l.n.r.: Jäcki, Darias, Monica, Irene, Corinna

Januar 2010 besuchten wir Freunde in Pinar del Rio. v.l.n.r.: Jäcki, Darias, Monica, Irene, Corinna

O Lust des Beginnens

O Lust des Beginnens! O früher Morgen!
Erstes Gras, wenn vergessen scheint
was grün ist! O erste Seite des Buchs
Des erwarteten, sehr überraschende! Lies
Langsam, allzuschnell
Wird der ungelesene Teil dir dünn. Und der erste Wasserguß
In das verschweißte Gesicht! Das frische
Kühle Hemd! O Beginn der Liebe! Blick, der wegirrt!
O Beginn der Arbeit! Öl zu füllen
In die kalte Maschine! Erster Handgriff und erstes Summen
Des anspringenden Motors! Und erster Zug
Rauchs, der die Lunge füllt! Und du
Neuer Gedanke!

Bertolt Brecht, um 1945